Die Welt der Verlegerfamilie Labaule, gesprochen „Labóhl“, ist aus den Fugen. Als der Patriarch des Clans samt ältestem Sohn zu Tode kommt, rückt sein zweitgeborener Sohn Wolfram unerwartet in der Erbreihenfolge auf und wird plötzlich zum Erben eines über Generationen aufgebauten Zeitungsimperiums. Nichts Besonderes, immerhin ist das der Lauf der Dinge.
Und das ist ein Problem. Denn bis jetzt hat Wolfram, seines Zeichens Gatte, treusorgender Familienvater zweier erwachsener Kinder, Bonvivant, Berufssohn und ständiges Vorstandsmitglied des Leuck-Erschwicker Lyrikvereins, keinen Fuß in den Verlag gesetzt. Doch den ganzen Laden einfach an die Boulevard-Konkurrenz verschleudern, wie es seiner rechtzeitig zur Testamentseröffnung aus Uruguay heimgekehrten Mutter vorschwebt, will Wolfram auf keinen Fall. Zumal er endlich eine Chance wittert, seiner Mutter zu zeigen, dass auch er ein Macher wie sein Vater sein kann. Es wäre immerhin das erste Mal in 55 Lebensjahren.
Wolfram Labaule nimmt also seinen ganzen Mut zusammen, knöpft das britische Baby-Alpaca-Sakko zu und prescht nach vorne. Aber wo ist im deutschen Verlagskosmos, der zwischen Qualitätsjournalismus und Tierfutterversand-Beteiligungen taumelt, eigentlich vorne? Wolfram weiß es nicht. Und sowieso kommt er langsam drauf, dass das Entscheiden und Geschäftsführen ein weites Feld ist – ein Minenfeld. In dem seine missgünstige Mutter ein feinmaschiges Netz von Intrigen gegen ihn spinnt, er seinen trimedialen Sohn Tristan, einen selbsternannten Business-Angel und Möchtegern-Startupper, vor die Nase gesetzt bekommt und ein kleines persönliches Problem seine Ehe gefährdet. Und so steht Wolfram auf einmal vor der größten Herausforderung in seinem bisher so angenehm unaufgeregten Leben. (SWR)