Korntal, eine beschauliche Kleinstadt in Baden-Württemberg, wird zum Schauplatz eines der größten kirchlichen Missbrauchsskandale Deutschlands. Ab den 1950er Jahren wurden hier Hunderte Kinder in den Heimen der pietistischen Brüdergemeinde missbraucht, sie mussten Zwangsarbeit, körperliche Züchtigung und sexualisierte Gewalt über sich ergehen lassen. 2013 wird der Skandal öffentlich. Bis heute haben mehr als 150 ehemalige Kinder aus den Heimen ihr Schweigen gebrochen, mehr als 80 Täter:innen konnten ermittelt werden.
Die 9.000-Seelen-Gemeinde reagiert zunächst mit Unglauben und Ablehnung, da sich viele Einwohner ein derartiges Szenario in ihrem christlich geprägten Umfeld nicht vorstellen können. Der Druck auf die Brüdergemeinde, die bis heute die Kinderheime leitet, wächst. Ein Aufarbeitungsprozess wird eingeleitet. Seine Entschädigungssummen und die Vorgehensweise sind umstritten, die früheren Heimkinder stehen erneut einem Macht-Ohnmacht-Gefälle gegenüber und bezeichnen den Aufarbeitungsprozess als "Missbrauch nach dem Missbrauch". Bis heute kämpfen diese weiter um Gehör, Anerkennung, Respekt und Würde.
Julia Charakter gibt in „Die Kinder aus Korntal“ sechs Betroffenen Raum, ihre Geschichten zu erzählen und zu sagen, was der Aufklärungsbericht ihrer Meinung nach verschweigt. „Dem Film gelingt es, durch eine präzise Recherche der Filmemacherin und die erschütternden Aussagen der Protagonist:innen, das komplexe Bild eines systemischen, nicht enden wollenden Missbrauchs nachzuzeichnen“, heißt es in der Jury-Begründung des DEFA-Förderpreises, mit dem der Film beim DOK Leipzig ausgezeichnet wurde.
Das Schweigen in Korntal mag gebrochen sein, das Thema bleibt aber weiter hochaktuell.