Getrennt von Familie und Freunden, ohne Möglichkeit auszugehen, gefangen auf einem 300m langen und 40m breiten, stählernen Arbeitsplatz, der unaufhaltsam zwischen den Kontinenten pendelt: Für die Mannschaft der MS EVER CONQUEST sieht so der Alltag aus. Das riesige Containerschiff ist ein reines Nutzfahrzeug, gebaut um möglichst viel Fracht von einem Ort der Welt an einen anderen zu bringen. Es ist kein Produktionsschiff und so reduzieren sich die Arbeiten an Bord auf Navigation, Steuerung und Wartung - 24 Stunden, rund um die Uhr. Wie sieht das Leben auf dem Schiff also aus, wenn die Privatsphäre aus einer wenigen Quadratmeter großen Kammer besteht und die einzigen gesellschaftlichen Einrichtungen der Fitnessraum, die Messe und der Fernsehraum sind? Hat das noch etwas mit Seefahrtsromantik zu tun? Wie geht man mit dieser Situation um, wenn die Liebsten nur noch auf Fotos und durch den Telefonhörer lebendig werden, wenn man seinen Arbeitsplatz gar nicht und seinen Kollegen maximal auf 300m aus dem Weg gehen kann?
Als Mitreisender habe ich diese Erfahrung selber machen können und auf einer Passage den Alltag an Bord erlebet und dokumentiert. Aber wie geht man damit um, wenn man plötzlich fast all die Zeit hat, die man sich im normalen Alltag immer gewünscht hat? Der Tag für Mitreisende beinhaltet kaum Verpflichtungen und besteht im Grunde nur aus Schlafen, Essen und Beobachten. Wie lange kann man das überhaupt ertragen und wie verändert einen die Situation?
Der Film "Stählerne Einsamkeit" richtet, neben meiner Selbstreflexion, natürlich auch den Blick auf die Mannschaft. Welche Arbeiten stehen an und wer erledigt was. Aber er blickt auch hinter die Fassaden der Seemänner und zeigt, was während der Fahrt in ihnen vorgeht. Wie werden Konflikte gelöst, wenn man sich kaum aus dem Weg gehen kann - oder kann man es doch? Und was für ein Mensch muss man sein, um seinen von der Außenwelt abgeschnittenen Arbeitsplatz für Wochen nicht verlassen zu können? Behält man trotzdem einen Blick für die Schönheit der umgebenen Natur?