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Dokumentarfilm | 2012-2014

Drehdaten

Drehbeginn11.09.2012
Drehende20.05.2013
Drehtage30
DrehorteBelgien, Frankreich
DrehregionenWest-Deutschland

Projektdaten

Seitenverhältnis16:9 (1 : 1,78)
BildpositivmaterialHD

Kurzinhalt

Es gibt Menschen, die sind von kleiner Statur, aber gleichwohl nicht zu übersehen. So wie Faye Cukier – „kölsches Mädchen“, jüdischer Mensch, NS-Zeitzeugin und Buchautorin. Geboren in Köln als einziges Kind von Jakob und Sophie Cukier, muss Faye am 11. September 1938, im Alter von gerade einmal 16 Jahren, ihre geliebte Heimatstadt verlassen. Für die jüdische Familie mit polnischen Wurzeln ist kein Platz mehr im „Dritten Reich“ von Adolf Hitler und seinen Nationalsozialisten. Die Cukiers fliehen zunächst zu Verwandten nach Belgien. Von dort soll es nach England oder Amerika gehen. Doch aus dem kurzen Zwischenstopp werden sechs lange und mitunter dramatische Jahre. Wie durch ein Wunder erlebt die Familie, zuletzt versteckt in Brüssel, die Befreiung Belgiens durch die alliierten Truppen im Herbst 1944.

Fast 75 Jahre später, im September 2012, macht sich Faye mit einem Filmteam von Köln aus noch einmal auf die Reise an jene Orte in Belgien und Nordfrankreich, an denen sie beinahe den Tod fand. Und an denen sie Menschen traf, die ihr das Leben retteten. Die Route dieses „Sentimental Journey“, wie Faye das Projekt selber nennt, orientiert sich grob an ihren bereits in Buchform veröffentlichten Erinnerungen „Flucht vor dem Hakenkreuz“.

Gedreht wurde an Originalschauplätzen; die Recherchen führten unter anderem in Archive in Deutschland, Belgien und Frankreich. Zu Wort kommen – neben weiteren Zeitzeugen und Historikern – auch Freunde und Weggefährten. Fayes Liebe zum Leben im allgemeinen und zu ihrer Heimatstadt Köln im speziellen illustrieren etwa Szenen aus der Feier zu ihrem 90. Geburtstag in einem Eiscafe am Eigelstein, oder ihre Gespräche mit Schülern und die Präsentation ihrer Erinnerungen im Kölner „Salon Schmitz“. Herausgekommen ist ein „Road Movie“ über ein bewegendes Stück Zeitgeschichte – mit einer mehr als beeindruckenden Persönlichkeit.

Der Film beginnt mit Erinnerungen Fayes an ihre Kindheit in Köln und die ersten Vorboten des Antisemitismus, den die Nazis wenige Jahre später hoffähig machen sollten und der schließlich kurz vor der sogenannten Reichskristallnacht zur Flucht der Familie führten.

Während ihr Vater Jakob das Familienunternehmen, einen Stahlhandel in Köln-Mülheim, trotz drohender Zwangsenteignung noch illegal auflöst, reist Faye mit ihrer Mutter Sophie in die belgische Handelsmetropole Antwerpen. Dort trifft die Kleinfamilie – der Vater kommt wenig später nach – auf eine große jüdische Migrantengemeinde. Hier beginnt Faye, Sprachen zu lernen und Englisch-Unterricht zu erteilen, um die ersten Wochen der Flucht zu finanzieren.

Doch es wird immer schwieriger, die nötige Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern. Schließlich tauchen die Cukiers unter, leben illegal und in der ständigen Angst, von der belgischen Polizei entdeckt zu werden. Dann marschieren die deutschen Truppen ein. Der verzweifelte Versuch, über Oostende nach England zu entkommen, scheitert: Die letzte Fähre ist bereits überfüllt. Stattdessen wandern die Cukiers entlang der belgischen Atlantikküste ins nordfranzösische Dünkirchen, wo sie nur knapp den deutschen Fliegerangriffen entgehen, die die Stadt in Schutt und Asche legten.

Die Familie sitzt in der Falle: Die deutschen Truppen besetzen auch Frankreich. Und Faye beschließt mit Vater und Mutter, vorerst nach Antwerpen zurückzukehren. Hier steigt Faye in den auch zu Kriegszeiten florierenden Diamanthandel ein – und trägt so zum Überleben der Familie bei.

Die nächste dramatische Wende lässt nicht lange auf sich warten: Zum Jahreswechsel 1941 werden alle Antwerpener Juden aufgefordert, sich am Bahnhof zu stellen. Die Angst, in den berüchtigten Arbeitslagern zu landen, ist groß. Zu Hunderten in einem Zug zusammengepfercht, macht der Transport überraschend Halt in der Provinz Limburg. Als letzte werden die Cukiers zusammen mit 120 weiteren Juden mitten in der Nacht in Hoeselt, einem kleinen Dorf in der Nähe zur deutschen Grenze, ausgesetzt.

In Hoeselt kann Faye durchatmen – fast sechs Monate lang. Sie spielt Klavier bei den Nonnen im Kloster und vertieft ihre Französischkenntnisse. Als die Deportation in die Konzentrationslager droht, trifft Faye auf mutige Zeitgenossen, die ihr und ihrer Familie helfen. Rechtzeitig tauchen die Cukiers unter, bevor das provisorische Sammellager im Ortszentrum von Hoeselt aufgelöst wird.

Die Familie gelangt nach Brüssel, der letzten Station der Flucht. In der belgischen Hauptstadt schließt sich der Kreis – Faye und ihre Eltern überstehen mit viel Glück Krieg und Verfolgung.

Nach dem Willen der Nationalsozialisten sollten die Cukiers sterben, wie Millionen anderer Juden in Europa auch. Stattdessen tanzt zum Schluss eine über 90-jährige zierliche Frau auf einer Düne an der belgischen Atlantikküste. Die Frage, ob sie während ihrer Flucht an den eigenen Tod gedacht habe, beantwortet Faye mit ihrer eigenen Devise: „Da muss man eben mehr leben.“

Das tut Faye seither. Heute pendelt sie zwischen ihren Wohnsitzen in Köln und Philadelphia. Hin und wieder zieht es die zierliche Frau auf den Mittelmeerstaat Malta. Doch ihr Herz schlägt für die Domstadt. Hier ist sie täglich unterwegs, ob bei Kulturveranstaltungen im DOM-Forum oder dem NS-Dokumentationszentrum EL-DE Haus, in ihrem Lieblings-Cafe Reichard am Dom oder in ihrer Stammkneipe Salon Schmitz. Sie trifft Freunde, liest aus ihrem Buch, besucht Schulklassen – und ist mit inzwischen 91 Jahren immer noch leidenschaftliche Bauchtänzerin. Eine einzige Sache bedauert sie im Nachhinein: Es nicht mit einer Schauspielerkarriere in Hollywood versucht zu haben.

(http://www.sektor53.de/projekte/dokumentationen/dokumentarfilm/inhalt/)

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