Wim Wenders schweigt viel. Oft lässt er andere sprechen, seine Hauptfiguren, seine Fotografien, seine Filme. Seine Protagonisten, seine Geschichten erzählen jedoch nicht nur über sich selbst, sondern auch über den Regisseur Wim Wenders, sprechen von Fragen und Motiven, die den renommierten deutschen Autorenfilmer bewegen.
Wo aber finden sich die Spuren seiner Biographie in seinen Filmen? Der Filmemacher Marcel Wehn findet sie vor allem in den frühen Werken, etwa in "Summer in the City" (1970) oder in "Alice in den Städten" (1973). In seiner Dokumentation stellt er die Geschichte des frühen Werkes neben die Lebensgeschichte und die Entwicklung des Regisseurs – und findet viele Parallelen. Im Fokus steht Wenders Leben bis zu seinem Weggang in die USA nach dem internationalen Durchbruch mit "Der amerikanische Freund" (1977). Es gelingt Wehn darüber hinaus, den introvertierten Regisseur zum Reden zu bringen. Nachdenklich und mit Bedacht spricht Wenders vor der Kamera von einem "Grundton", der seine ersten Filme trage: "Das ist schon die Frage: Wie soll man leben? Also: Wie kriegt man das hin, in dieser Zeit, mit all dem, was wir alle erleben und mit dem, was die Welt durchmacht – wie kriegt man das auf die Reihe, dass man weiß, wofür man lebt?" (...)
Es geht um Identitätssuche, Einsamkeit, Freundschaft und Kommunikation. Ebenso zur Sprache kommen ganz persönliche Erfahrungen in der privaten und beruflichen Beziehung zu Wenders. Die Ausschnitte aus seinen frühen Filmen zeigen, dass Wenders immer wieder authentische Erlebnisse und Menschen seines eigenen Lebens verarbeitet hat. Eine ganz besondere Rolle spielt dabei "Alice in den Städten" (1973). Wenders erzählt von Selbstzweifeln in dieser Zeit. "Mit diesem Film", so erinnert er sich, "habe ich dann alles auf eine Karte gesetzt und wollte mir selbst beweisen, dass ich was machen kann, was andere nicht können; oder, dass ich was erzählen kann, eben anders, als andere Leute." Etwas schaffen, was bleibt. Geschichten erzählen, in der die eigene Geschichte verwoben ist, das eigene Suche und Fragen. Darum geht es Wim Wenders. Einer seiner Protagonisten, Kamikaze, antwortet in "Im Lauf der Zeit" (1976) auf die Frage "Wer bist du?" mit: "Ich bin meine Geschichte".
(Quelle: SWR)