Die Reeperbahn lockt mit nackten Tatsachen, kaltem Bier und Etablissements der Extraklasse: Von verrucht bis elegant, hier ist für jeden Geschmack etwas dabei. Nacht für Nacht strömen Feierwütige auf die knapp einen Kilometer lange Straße. Eine Sperrstunde gibt es nicht, nachts um halb eins geht die Party gerade erst richtig los. Die ausgelassene Atmosphäre im Rotlichtbezirk lockt neben friedlichem Partyvolk auch Gewalttäter und Ganoven – nicht umsonst unterhält dieser winzige Stadtbezirk eine eigene Polizeiwache.
Martin S. und seine Kollegin Anna L. kämpfen auf dem Kiez für Recht und Ordnung. „Schlimm sind der verstärkte Alkohol- und Drogenmissbrauch und die damit verbundene Aggressivität“, sagen beide. Den Respekt vor der Uniform haben viele mit dem Bier ganz weggespült: Kaum haben die beiden Beamten einen Dieb im Sexshop dingfest gemacht, liefern sich Betrunkene direkt vor dem Streifenwagen eine Schlägerei. Die Zellen auf der Davidwache sind jedes Wochenende aufs Neue voll besetzt.
Der Ansturm auf St. Pauli hat aber auch sein Gutes: Nicht nur betrunkene Jugendliche wollen sich auf dem Kiez amüsieren. Für den gehobenen hanseatischen Geschmack sorgt Andreas F., dessen Vater schon eine Kiezgröße war. Für mehr als 65 Millionen Euro errichtete er eines der größten Privathotels der Stadt. Trotz aller Noblesse bleibt der Kontakt zum Stadtteil bestehen: Der Chefkoch des Hauses entspannt sich auf die im Milieu übliche Art: Beim Boxtraining in der legendären „Ritze“.
Dass St. Pauli trotz Goldgräberstimmung kein Selbstläufer ist, muss Zlatko B. erfahren, der in Bestlage direkt an der Reeperbahn einen Club eröffnet. Auch modernste Einrichtung und eine teure Eröffnungsparty locken nicht genügend Gäste an. Einzige Hoffnung für den angehenden Kiezkönig: aggressive Werbung.
Und das Rotlicht? Seit mehr als 40 Jahren brennt es im legendären „Safari“. In diesem Etablissement ist von Krise nichts zu spüren. Nacht für Nacht tanzen und räkeln sich nackte Profis unter der Anleitung von Chefchoreograph Jeff P. auf der Bühne des Erotic-Cabarets. Unter den Szene-Künstlern gilt es als besondere Ehre, in dem Kulttheater auftreten zu dürfen. Sehr zur Freude der kräftig zahlenden Kundschaft. (Quelle: Vox http://www.sueddeutsche-tv.de/index.php/details/items/krawall-auf-dem-kiez.html)