Wohin geht die Reise? Eine existenzielle Frage, der sich weltweit so viele Menschen wie nie zuvor in der Geschichte stellen müssen. Klimawandel, Krieg, Not und Verfolgung machen sie zu Flüchtlingen und damit in den meisten Teilen der Welt zu ungebetenen Gästen. Der Traum vom globalen Dorf, in dem die Menschen ungeachtet ihrer Herkunft, ihres Stands und ihrer Religion friedlich zusammenleben, ist eine Utopie.
In Zeiten wie diesen ist es nützlich, Menschen zuzuhören, die über Flucht und Vertreibung, Heimatverlust und Identitätssuche aus eigener Erfahrung erzählen. Menschen wie die Protagonisten von „Ins Ungewisse“, die als
Mitglieder einer deutsch-russischen Künstlergruppe im Salon-Theater Taunusstein zusammengefunden haben, um das Erich Maria Remarque-Melodram „Eine Nacht in Lissabon“ zu erarbeiten. Regisseur Inigo Westmeier,
mit seiner preisgekrönten Kung-Fu-Doku „Drachenmädchen“ (2012) beschäftigt sich intensiv mit dem Umstand, dass alle Protagonisten zwischen den Welten leben: der deutschen und der russischen. In der intensiven Probenarbeit und in Gesprächen suchen Schauspieler und Team nach Antworten auf die Frage, die auch Helen, die ewig vor sich selbst flüchtende Hauptfigur Remarques, um und antreibt: Wo bin ich zuhause?
Emotionen wie Heimatlosigkeit, Heimweh und Einsamkeit schöpfen die Schauspieler aus einem authentischen Schatz eigener Erfahrungen - eine ideale Grundlage für eine besonders wahrhaftige Inszenierung. Doch nicht alle Beteiligten tun sich leicht mit dieser doppelbödigen Herangehensweise. Der Zuschauer erlebt hautnah, wie aus den unterschiedlichen Interpretationen der Rollen persönliche Konflikte entstehen. Die fordernde, zuweilen manipulative Regiearbeit Mikhail Levitins, im Hauptberuf künstlerischer Leiter der Herimitage in Moskau, facht diese noch zusätzlich an.