Seit Wochen steht die Luft im Kongresszentrum von Baguio auf den Philippinen, in dem sich im brütend heißen Sommer des Jahres 1978 entscheidet, wer sich die kommenden Jahre Schachweltmeister nennen darf. Viktor Kortchnoi (47) und Anatoly Karpov (27) sind angetreten, um den Titel nach Hause zu tragen. Karpov nach Russland und Kortchnoi, nun ja, das ist so eine Sache...
Ebenfalls in Russland geboren und bis vor kurzem für sein Heimatland spielend, emigrierte Kortchnoi in den Westen, als er feststellen musste, dass nicht mehr er, sondern der viel jüngere Karpov vom russischen Schachverband zur neuen Nummer 1 des Landes auserkoren wurde. Nun sitzt er seinem Erzrivalen gegenüber, hat endlich die Gelegenheit mit dem System, das ihn verstoßen hat abzurechnen und muss sich schlussendlich doch eingestehen, dass er als Verlierer nach Hause fahren wird.
Die beiden Männer, die bei dieser Weltmeisterschaft aufeinandertreffen, könnten unter-
schiedlicher nicht sein. Der junge Karpov, bereits amtierender Weltmeister, gilt als kühler Stratege, selten zeigt er Gefühle, immer ist er berechnend und siegessicher. Anders der alternde Kortchnoi, der seit jeher als Hitzkopf bekannt ist. Aufbrausend und emotional, ein Chaot und Besessener, dem Schach alles bedeutet.
Aber es sitzen sich nicht nur die beiden Männer gegenüber. Es sind zwei Systeme, die hier aufeinander prallen und bald zeigt sich, dass alle Mittel recht sind, um dieses Spiel zu gewinnen.
So hat Karpov mit Igor Zukhar einen Parapsychologen an seiner Seite, dessen einzige
Aufgabe es ist, Kortchnoi während des Spieles unentwegt anzustarren und so aus dem Konzept zu bringen. Und nach jeder Partie lässt er sich einen Joghurt mit frischen Blaubeeren servieren, in deren Anzahl der von Haus aus paranoide Kortchnoi geheime Botschaften des KGBs vermutet.
Aber auch Kortchnois Entourage besteht aus allerlei absonderlichem Personal. Da ist seine Trainerin Petra, mit der er seit geraumer Zeit eine Affäre hat, seine Sekundanten, die keine gemeinsame Sprache sprechen und schließlich die beiden Yoga-Gurus Didi & Dada, die für sein Seelenheil meditieren. Nicht minder kurios zeigt sich Kortchnoi selbst, der sich durch das Tragen einer verspiegelten Sonnenbrille vor mentalen Angriffen der Gegnerseite zu schützen glaubt.
VIKTOR komprimiert die Absurditäten, die während des über Monate dauernden Wettkampfes so tatsächlich 1978 stattgefunden haben. Es ist eine Geschichte, die entscheidende Minuten erzählt, in denen der einstige Meister Kortchnoi einsehen muss, dass er diesen Kampf gegen seine frühere Heimat, gegen seinen größten Konkurrenten Karpov nicht gewinnen kann. Und dennoch lernt, seinen Stolz zu bewahren.